Wärmewende: nur mit Holz!

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29. Juni 2021
Holz und Pellets vor einem Feuerofen

Wärme ist ein großes Thema in der Energiewende. Dabei geht es natürlich um das Heizen von Wohnhäusern und Arbeitsplätzen, aber auch um industrielle Prozesse wie die Metall- oder Kunststoffverarbeitung. So kommt einiges zusammen. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland 580,3 Milliarden Kilowattstunden Strom genutzt, aber mehr als das Doppelte an Wärme: 1216,6 Milliarden Kilowattstunden.

Im Rahmen der Energiewende soll beides auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Die folgende Tabelle stellt den Stand von 2019 dar:

Anteil Erneuerbare Energien (EE) am Endenergieverbrauch in Deutschland 2019

2019Endenergieverbrauch Gesamtdavon aus EEdavon aus Bioenergiedavon aus Holzenergie
Mrd. kWhMrd. kWh%Mrd. kWh%Mrd. kWh%
Wärme1.216,6176,414,5151,986,1116,165,8
Strom580,3244,342,150,420,610,54,3

Quelle: AGEB und AGEE-Stat 2020, Tabelle zusammengestellt von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR)

Demnach konnten für Strom bereits 42,1 % aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden, während es bei Wärme nur 14,5 % waren. Wärme wird in Deutschland also immer noch zum Großteil aus fossilen Quellen wie Erdgas und Heizöl gewonnen, wodurch Kohlenstoff aus unterirdischen Lagerstätten in das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid umgewandelt und in die Atmosphäre emittiert wird.

Wo soll die Wärme also in Zukunft herkommen? Biomasse (z. B. Brennholz) ist, wie die Tabelle zeigt für Wärme bereits jetzt wichtig, ist aber in letzter Zeit in die Kritik geraten. Die Frage ist aber, ob es ohne gehen könnte.

Verzicht auf Biomasse?

Im Strombereich werden zwar „nur“ 8,69 % des Gesamtverbrauchs aus Biomasse bestritten (und nur 1,81 % aus Holz), im Wärmebereich sind es aber 12,49 % des Gesamtverbrauchs (9,54 % aus Holz).

Mit anderen Worten: Beim Verzicht auf Energie aus Biomasse würden im Strombereich zwar immer noch etwa ein Drittel (33,41 % des Gesamtverbrauchs) aus regenerativen Quellen stammen, im Wärmebereich aber nur 2,01 %.

Regenerative Wärme ohne Biomasse?

Würde man den gesamten Wärmebedarf Deutschlands aus regenerativen Nicht-Biomasse-Wärmequellen wie Solarthermie decken wollen, müsste man diese im Vergleich zum heutigen Niveau um das 48,66-fache ausbauen! Das erscheint auf absehbare Zeit nicht realistisch.

Regenerativen Strom in Biomasse umwandeln?

Neben der Möglichkeit, Wärme direkt z. B. aus Sonneneinstrahlung zu produzieren, ist es möglich, regenerativen Strom in Wärme umzuwandeln. Dabei ist die Frage des Wirkungsgrads entscheidend. Eine Umwandlung von einer Kilowattstunde Strom in eine Kilowattstunde Wärme ist leicht, so funktionieren z. B. Elektroheizungen. Würde man aber den gesamten Wärmebedarf Deutschlands, der noch nicht aus regenerativen Nicht-Biomasse-Wärmequellen wie Solarthermie gedeckt wird, auf diese Art decken wollen, bräuchte man dafür zusätzliche 1192,1 Mrd. KWh Ökostrom, das ist mehr als das Doppelte des gesamten deutschen Stromverbrauchs.

Daher werden normalerweise Wärmepumpen ins Spiel gebracht, diese haben unter guten Bedingungen einen Wirkungsgrad von um die 4, erreichen also 4 KWh Wärme aus 1 KWh Strom, da sie Umgebungswärme nutzen. Würde man mit diesem Wirkungsgrad den gesamten Wärmebedarf Deutschlands, der noch nicht aus Nicht-Biomasse-Wärmequellen wie Solarthermie gedeckt wird, aus Ökostrom decken wollen, bräuchte man immer noch 298,03 Mrd. kWh zusätzlichen Ökostrom.

Zudem arbeiten Wärmepumpen dann am besten, wenn die Umgebung, aus der sie Wärme ziehen, und das Ziel dieser Wärme eine ähnliche Temperatur haben. Wenn sie also nicht z. B. mit einer Erdwärmesonde Wärme tief aus dem Erdboden ziehen, sondern oberflächennäher arbeiten, heizen sie Räume im Winter weniger effizient. Zudem sind sie für hohe Temperaturen, wie sie in der Industrie nötig werden (bis hin zu über 1000 °C in der Metallverarbeitung) ungeeignet. Wenn man bei dieser sogenannten Prozesswärme also nicht auf Brennstoffe (z. B. Biomasse) zurückgreifen will, muss man Strom doch wieder eins-zu-eins in Wärme umwandeln.

Insgesamt liegt der erreichbare Wirkungsgrad für die Umwandlung von Strom und Wärme also zwischen 1 und 4, wenn man wirklich alle Wärme auf diese Art gewinnen will.

Würde man sämtlichen Strom und sämtliche Wärme in Deutschland aus erneuerbaren Quellen ohne Biomasse gewinnen wollen, müsste man die heute verfügbare Ökostrommenge dafür vervielfachen. Und zwar läge sie zwischen zwei Extremen: Bei reiner 1 zu 1 Umwandlung in Wärme müsste man die Ökostrommenge auf das 8,14-fache erhöhen, bei reiner 1 zu 4 Umwandlung immerhin noch auf das 3,53-fache. Da der Ausbau alternativer erneuerbarer Stromquellen ins Stocken geraten ist (siehe Windkraft) scheint das nicht realistisch.

Zumal auch im Verkehrssektor die Elektrifizierung vorangetrieben wird, wodurch noch mehr Bedarf für Ökostrom entsteht.

Für den Wärmebereich sollte darum weiterhin auf Biomasse als Teil eines Energiemixes zurückgegriffen werden. Wenn dabei auch noch Strom gewonnen werden kann (das geht, wenn man die Abwärme der Stromgewinnung zum Heizen nutzt, „Kraft-Wärme-Kopplung“, z. B. in einem Blockheizkraftwerk): Umso besser!

Weitere Vorteile von Biomasse:

Neben der quantitativen Betrachtung, dass der Wärmebedarf Deutschlands ohne Biomasse kaum zu decken ist, hat sie noch weitere Vorteile:

  • Energieholz ist Nebenprodukt (Industrierestholz) und Letztnutzung (Altholz) von Holzprodukten. Damit kann etwas sinnvoll genutzt werden, was ohnehin im Kontext der Nutzung des nachwachsenden Rohstoffs Holz anfällt.
  • Biomasse ist ein effektiver Energiespeicher. Da die meisten anderen regenerativen Energiequellen natürlichen Schwankungen ausgesetzt sind (z. B. Sonne und Wind) stellt sich bei ihnen die Frage der Speicherung. Für die Stromspeicherung beispielsweise sind teure Batterien nötig. Wenn Sonne und Wind also ausbleiben, wäre es sinnvoll, die begrenzte gespeicherte Strommenge bevorzugt für Strom zu nutzen, während man mit Biomasse heizt und dabei vielleicht ergänzend Strom produziert. Das ist vor allem deswegen gut, da besonders viel geheizt werden muss, wenn die Sonne draußen wenig scheint, nämlich im Winter.
  • Auch im Verkehrssektor ergeben sich mögliche Anwendungen durch die Möglichkeit, aus Holzgas Fischer-Tropsch-Diesel zu synthetisieren: Ein komplett aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellter Treibstoff, der aber dem Diesel aus fossilen Quellen chemisch so ähnlich ist, dass er ohne Umbau oder Zusätze in bestehenden Dieselmotoren eingesetzt werden kann. Vor allem für größere Fahrzeuge wie Lastwagen, die sonst sehr große und schwere Akkus ständig mit transportieren müssten, bietet dies Chancen.

Fazit: Biomasse und damit auch Brennholz ist ein unverzichtbarer Aspekt der Energiewende, vor allem der Wärmewende!

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Holz und Pellets vor einem FeuerofenMike FouqueAdobe Stock